Zerfallserscheinungen



Beobachtungen eines Soldaten der 6. Armee in den Wochen der Einkesselung bei Stalingrad

Jahre und Jahrzehnte sind vergangen, seit in Stalingrad die 6. Armee mit 14 Infanterie- Divisionen, 3 mot. Divisionen, 3 Panzer- Divisionen, 2 rumänische Divisionen, 3 Werfer- Regimenter, 1 Flak- Regiment, 12 Pionier- Bataillone und 149 selbständigen Einheiten – besonders an Heeres- Artillerie- Abteilungen - gegen eine Übermacht russischer Truppen gekämpft hat. Der tapfere Einsatz dieser kriegserfahrenen deutschen Einheiten ist in vielen Darstellungen gewürdigt worden. Zu einer abschließenden überzeugenden Wirkung der Kesselschlacht von Stalingrad ist es bisher nicht gekommen. Über allen Meinungsverschiedenheiten aber steht die Tatsache, dass hier in Stalingrad der deutsche Soldat ein unübertroffenes Beispiel gegeben hat für gewissenhafte, treue Pflichterfüllung bis zur letzten Patrone.

Es darf aber nicht übersehen werden, dass in der überaus kritischen Lage der Armee verantwortliche kommandierende Generale der 5 Armeekorps und einige Divisions- Kommandeure in grundsätzlichen Auffassungen nicht mit dem Oberbefehlshaber der Armee, mit dem späteren Generalfeldmarschall Paulus, übereingestimmt haben. An den folgenden Beispielen sei das erläutert.

 

1. Der Ungehorsam des Generals v. Seydlitz- Kurzbach

Am 22.11.42 war die 6. Armee vom Feinde eingeschlossen. So meldete die Armee am gleichen Tage an die Heeresgruppe B. Es wurden in Übereinstimmung mit dem Chef des Generalstabes des Heeres zwischen der Heeresgruppe B und der 6. Armee alle Maßnahmen für den Ausbruch der 6. Armee nach Südwesten festgelegt. Als Zeitpunkt des Angriffs war der 25.11.42 vorgesehen. Nach sehr langwierigen  Auseinandersetzungen im Führer- Hauptquartier lehnte Hitler den Ausbruch der 6. Armee ab. Danach hatte die Armee in Stalingrad auszuharren.

Hitlers Befehl wurde sofort den versammelten kommandierenden Generalen zur Kenntnis gegeben. Völlig überrascht von dem unerwarteten Ausbruchsverbot bestürmten die kommandierenden Generale den Oberbefehlshaber, in eigener Verantwortung den Ausbruch anzuordnen. Die Antwort von Paulus war der klare Hinweis auf den Gehorsam des Soldaten. Der kommandierende General des LI. AK, der General v. Seydlitz betonte, dass er innerhalb seines Korps schon Vorbereitungen für den Ausbruch durchgeführt hätte. Überflüssiges Gerät war bereits vernichtet, um den Marsch zu erleichtern. Die Eigenmächtigkeit des Generals war schon so weit gediehen, dass der unterstellten 94.ID. im Nordabschnitt des Kessels bei Rynok und südwestl. von Jersowka der Befehl zur Aufgabe der gut ausgebauten Winterstellungen gegeben war. Ich habe gesehen, wie Verbände dieser Division nach Südwesten marschierten. Für uns, die wir als Artilleristen der im Raum des Traktorenwerkes eingesetzten 389.ID. diesen Rückzug beobachteten, erschien das Geschehen als äußerst unverständlich. Doch sehr bald sahen wir von unserem Regimentsgefechtsstand, wie die Einheiten der 94.ID. wieder nach Nordosten Marschierten. Der Feind hatte in der Zwischenzeit, zwar sehr vorsichtig vorrückend, ohne Kampfhandlungen die ehemaligen Winterstellungen der 94.ID. besetzt. Es bedurfte eines sehr harten Einsatzes dieser Division, die Lücke im Verteidigungsring wieder zu schließen. Ungedeckt in der weiten Schneelandschaft konnten die ehemaligen günstigen Stellungen nicht wieder erreicht werden. Die Masse der 94.ID. wurde bei diesem völlig unsinnigen Unternehmen geopfert. Vielleicht wollte der General v. Seydlitz durch seine unverantwortliche Eigenmächtigkeit den Oberbefehlshaber indirekt zwingen, in Eigenverantwortung den Befehl zum Ausbruch zu geben. Ohne Zweifel aber lag hier ein schwerer Verstoß gegen den Gehorsam und ein Bruch der Disziplin vor. Das Verhalten des Generals v. Seydlitz wurde nicht durch ein Verfahren untersucht. Doch die Verantwortung für den Tod vieler deutscher Soldaten konnte dem General nicht abgenommen werden.

 

2. Pläne für einen Ausbruch nach Osten. Generalmajor Lattmann im Zwielicht.

Nachdem Hitler der 6. Armee befohlen hatte, in den bisherigen Stellungen an der Wolga zu bleiben und abzuwarten, bis rechtzeitiger Einsatz und entsprechende Versorgung gegeben wäre, und die Gegenvorstellung der kommandierenden Generale eine Änderung des Entschlusses beim Oberbefehlshaber Paulus nicht bewirken konnten, suchte der General v. Seydlitz in einer Denkschrift an die Heeresgruppe B die Notwendigkeit für einen Ausbruch der Armee eingehend zu begründen. Doch blieben diese Bemühungen ohne Erfolg. Durch Befehl Hitlers wurden erneut alle Bestrebungen untersagt, aufgrund einer eigenen Initiative den Ausbruch der Armee zu versuchen. So wurden die Divisionen, die sich schon auf ein Ausbruchsunternehmen eingestellt hatten, in neue Verteidigungsabschnitte eingewiesen. Die Armee grub sich ein und wehrte im tapferen Einsatz alle Feindangriffe ab. Am 29.11.42 übernahm Feldmarschall v. Manstein die neu gebildete Heeresgruppe „Don“ und damit auch den Oberbefehl über die 6. Armee. Am 12.12.42 trat die Armeegruppe Hoth mit unzulänglich ausgestatteten Angriffstruppen zum Entsatz der 6. Armee an. In harten Kämpfen hatte sich die Gruppe Hoth bis auf etwa 50 Km von Südwesten in Richtung Stalingrad herangearbeitet. Am 23.12.42 musste dieses Unternehmen abgebrochen werden, da durch tiefen Einbruch der Russen am mittleren Don eine gefährliche Verschärfung der Lage für die Heeresgruppe Don eingetreten war. Die Artillerie der deutschen Entsatzgruppen war bereits zu hören. Es bestand berechtigte Hoffnung auf baldige Befreiung. Das Regiment traf alle Vorbereitungen für ein größeres Transportunternehmen. Soweit der Betriebsstoff reichte, wurde eine Lkw-Kolonne zusammengestellt, die dann durch den von den Panzertruppen der Gruppe Hoth gebildeten Korridor Munition und Verpflegung heranschaffen sollte. Dazu konnte es nicht mehr kommen. Ob nach der militärischen Lage ein solches Unternehmen Aussicht gehabt hätte auf Erfolg, mag bezweifelt werden. Ein Ausbruch mit Kampftruppen in enger Zusammenarbeit mit der Entsatztruppe war nicht vorgesehen.

Das Unternehmen „Wintergewitter“, also der Entsatz durch die Gruppe Hoth war gescheitert. Damit waren Ende des Jahres 1942 alle Hoffnungen, dem Kessel von Stalingrad zu entrinnen, geschwunden. Die Versorgung der Armee durch Lufttransporte wurde nicht verbessert. Die Kampfkraft der Divisionen nahm ständig ab. In dieser Situation ließ der Divisionsführer der 389.ID., Generalmajor Lattmann, der für den erkrankten Generalmajor Magnus die Führung der Division übernommen hatte, alle Kommandeure auf den Gefechtsstand des Artillerie- Regiments 389 zusammenrufen. Als Adjutant des gastgebenden Regiments durfte ich als einziger Adjutant an dieser Besprechung teilnehmen. Von den Infanterie- Regimentskommandeuren war nach meiner Erinnerung wegen der schwierigen Frontlage niemand erschienen. Generalmajor Lattmann berichtete kurz die allgemeine Lage der Armee und damit über die Ausweglosigkeit eines Entsatzes. Ein kämpferischer Ausbruch in eigener Verantwortung mit dem Ziel, die eigenen Truppen im Westen zu erreichen, schien auch keine Aussicht auf einen Erfolg zu habe, da die Entfernung zu den eigenen Linien inzwischen auf mehrere 100 Km zugenommen hatte, die Versorgung der eigenen Divisionen mit Munition, Betriebsstoff so unzureichend geworden war, dass Truppenbewegungen innerhalb des Kessels äußerst schwierig  geworden waren. Lattmann stellte daher den Plan zur Diskussion, über die zugefrorene Wolga nach Osten auszubrechen. Es handelte sich hier nicht um einen eventuellen Ausbruch entlang der Wolga in südlicher Richtung, um auf diese Weise deutsche Linien zu erreichen. Zweifelsfrei wurde davon gesprochen, in kleineren Trupps über die Wolga zu gehen und dann in der Weite des Landes gewissermaßen unterzugehen. Lattmann sprach davon, dass man vielleicht in den Ortschaften ein Schwein schlachten könne, um in der Ernährungsfrage wieder normale Verhältnisse zu schaffen. Natürlich müsse dann zu einem bestimmten Zeitpunkt jede Befehlsgewalt aufhören. Die Frage, in welchem Umfang die vorgesetzten Dienststellen über diese Planung orientiert wären, wurde von Lattmann dahingehend beantwortet, dass der Oberbefehlshaber sicher nach den bisherigen Erfahrungen nicht diese Handlungsweise genehmigen würde. Doch glaubte der Generalmajor Lattmann, dass der für uns zuständige Kommandeur des LI.AK., der General v. Seydlitz, keine Bedenken haben würde. Lattmann suchte nun unseren Rat in der Frage einer zweckmäßigen Ausrüstung für solch einen „Ausbruch“. Es wurde diskutiert darüber, ob man vielleicht einen kleinen Schlitten für den Transport der wichtigsten eigenen Ausrüstung mitnehmen sollte. Natürlich müsste das eigene Gepäck möglichst klein gehalten werden. Es schien dem Generalmajor von Bedeutung zu sein, ob man einen Rasier- Apparat mitnehmen sollte. Alle anwesenden Kommandeure betrachteten die Planung als absurd und in der Praxis auch als Aussichtslos. Mit großen Vorbehalten verließen die Kommandeure diese Besprechung. Es war die letzte dieser Art.

Rückblickend muss festgestellt werden, dass der Generalmajor Lattmann in dieser Besprechung versucht hatte, bei den Kommandeuren abzutasten, in welchem Umfang eine Fahnenflucht der Reste seiner im Raum des Traktorenwerkes liegenden 389. Division möglich sein könnte. Der geschlossene Widerstand war vermutlich nicht erwartet, gegen Lattmann wurde keine Anklage erhoben.

 

3. Kolonnenmarsch von der Westfront des Kessels nach Stalingrad. Unverantwortliche Befehlsgebung

Am 08.01.43 übermittelten russ. Parlamentäre der 6. Armee ein Kapitulationsangebot. Das Ultimatum wurde dem Führerhauptquartier übermittelt mit der Bitte um Handlungsfreiheit. Mit der Begründung, dass die 6. Armee durch ihr Ausharren der gesamten deutschen Ostfront durch die Bildung russischer Kräfte dienlich wäre, lehnte das Führerhauptquartier das Kapitulationsangebot ab. Unmittelbar nach Ablauf der Frist für die ultimative Forderung der Roten Armee begann am 10.01.43 ein unvorstellbares Feuer auf die deutschen Linien. Der Russe war im Norden, Westen und Süden zur Offensive angetreten. Am 16.01.43 fiel der wichtige Flugplatz Pitomnsk in russische Hand. Schnee, Hunger und Munitionsmangel bestimmten das Dasein des kämpfenden Soldaten.
Der Kessel von Stalingrad war mit dieser russ. Offensive sehr geschrumpft. Die rückwärtigen Dienste der Divisionen oder der selbständigen Einheiten hatten ihre Unterkünfte verloren. Es war daher verständlich, dass diese Einheiten versuchten, in den Trümmern der Stadt irgendwie Schutz zu finden. Eine unübersehbare Fahrzeugkolonne bewegte sich durch den Schnee gen Osten. In Stalingrad aber waren die Keller der Häuser zu Lazaretten umgewandelt. Der Abtransport der Schwerverwundeten über den Flugplatz Pitomnek war unterbunden. Im Ostteil der Stadt tobten unvorstellbare Nahkämpfe. Es war daher sinnlos, die Kolonnen in Richtung Stalingrad in Marsch zu setzen.

Angesichts dieser Lage erhielt ich vom AK den Befehl, mit einigen verfügbaren Offizieren meines Regiments die auf Stalingrad heranrückende Kolonne anzuhalten, die Fahrzeuge zu überprüfen, bei einer für den Kampf unwichtigen Beladung die Lastwagen abzustellen und die Besatzung für den kämpferischen Einsatz nach Stalingrad zu schicken. Bei dieser Überprüfung der ersten Fahrzeuge stellte ich fest, dass ich die Besatzung in einem guten Verpflegungszustand befand. Es waren nach meiner Information Angehörige von Versorgungseinheiten. Offiziere konnte ich nicht feststellen. Die Fahrzeuge waren beladen mit Tischen, Stühlen, Unterkunfts- Material verschiedenster Art, Resten von Verpflegung, Waffen und Munition. Wenn sich keine Waffen auf den Lastwagen befanden, ließ ich mit vorgehaltener Pistole den Wagen abstellen und schickte dann die Soldaten zum Einsatz anch Stalingrad. Schon nach wenigen Überprüfungen dieser Art ergab sich eine für uns lebensgefährliche Situation. Durchaus kampffähige Soldaten ohne straffe Führung lehnten die Durchführung meiner Befehle ab und bedrohten uns. Es war völlig aussichtslos, Ordnung in die unübersehbare Kolonne zu bringen, zumal die Fahrzeugbesatzungen zu den verschiedensten Formationen gehörten. Ich kehrte zu unserem Gefechtsstand zurück und meldete dem AK die Erfolglosigkeit meines Unternehmens. Mir wurde geantwortet „Na, dann ist es auch gut“. Die Fahrzeuge fuhren nach Stalingrad. Irgendwo kamen die Soldaten – für andere unauffindbar – unter. Gleichzeitig standen die ausgehungerten Kameraden  im Einsatz und setzten ihr Leben ein.

Bei der sehr verbreiteten Resignation verantwortlicher Offiziere in obersten Dienststellen entstanden zwangsläufig chaotische Verhältnisse. Erst in den letzten tagen der Kesselzeit wurde der Befehl zum Standgericht gegeben.

 

4. Der letzte Tag in Stalingrad. Die Gefangennahme am 02.02.43

Das Artl.- Regiment der 389 verfügte nur noch über wenige Schuß einer leichten Abteilung. Die schwere Abteilung hatte bereits ihre Geschütze sprengen müssen. Eine leichte Abteilung war auf den Höhen bei Gumrak im Kampf mit einer Übermacht fdl. Panzer untergegangen. Alle Geschütze waren durch Feindeinwirkung zerstört. Die noch lebenden Geschützbedienungen waren mit ihrem Kommandeur im infanteristischen Einsatz gefallen oder schwer verwundet worden. Ein gefreiter einer B- Stelle hatte die spätere Gefangenschaft trotz seiner Verwundung lebend überstanden. Die Werfer- Batterien hatten ihre Munition verschossen. Das Regiment war nicht mehr einsatzfähig.

In ähnlicher Lage befanden sich die Infanterie- Regimenter der Division. Daher war es verständlich, dass nur noch vereinzelt im Kampfabschnitt der 389.ID. Gefechtslärm festzustellen war. In der Abendmeldung der Armee am 28.01.43 hatte gestanden, dass ein starker Feindeinbruch entlang der Bahnlinie Gumrak – Stalingrad die Front der Armee in einen Nordkessel unter Führung des XI.AK. dessen kommandierender General der spätere Generaloberst Strecker war, in einem Kessel Mitte mit den LI. Und VIII.AK. und in einem Kessel Süd mit dem XIV.PzK. und dem IV.AK. Bereits am 30. und 31.01.43 gingen die Reste der in Stalingrad Mitte und im Südteil bis zum Schluß kämpfenden Soldaten mit dem Oberbefehlshaber der Armee in Gefangenschaft. Im Nordkessel aber ging der Kampf weiter. Das große Sterben war immer noch nicht beendet. Jeder verantwortungsbewusste Truppenführer musste den weiteren Abwehrkampf als ein völlig sinnloses Tun ansehen.

Auch im Gefechtsstand des Artillerie- Regiments 389 in einem Keller war am frühen Morgen  des 02.02.43 eine Lage entstanden, in der ein Befehl zur Aufgabe der Stellung und damit zum Marsch in die Gefangenschaft dringend geboten erschien. Weitere Opfer waren völlig sinnlos. Auf Befehl des Regimentsführers Major Meyer ging ich zur Division, um dort auf einen entsprechenden Befehl hinzuwirken. Der Divisonsführer Generalmajor Lattmann erklärte mir, dass der Führerbefehl noch seine volle Gültigkeit hätte, d.h. der Soldat hätte bis zur letzten Patrone und bis zum letzten Mann zu kämpfen. Andererseits aber sei es nicht unehrenhaft, in die Gefangenschaft zu gehen. Ich erklärte dem General, dass sich das Regiment mit dieser unklaren Befehlsgebung nicht einverstanden erklären könne. Angesichts der Tatsache, dass die Munition verschossen sei, die Soldaten sich in einem völlig unzureichenden körperlichen Zustand – wegen der wochenlangen Mängel an der Verpflegung – befänden, sei es nicht mehr zu verantworten, diese Soldaten wehrlos dem massierten Feindfeuer auszusetzen. Der Generalmajor Lattmann erklärte mir, dass er nochmals Rücksprache mit dem kommandierenden General, Generaloberst Strecker, im Nebenraum nehmen wollte. Es war mir unverständlich, warum ich nicht zu dieser Besprechung zugelassen wurde. Doch musste ich annehmen, dass die Gefechtsstände des Armeekorps und der Division unmittelbar nebeneinander lagen. Nach kurzer zeit kehrte Generalmajor Lattmann zurück und erklärte mir, dass auch der Generaloberst die gleiche Ansicht verträte, die mir aus dem ersten Gespräch bereits bekannt wäre. Ich konnte nur mein Bedauern zum Ausdruck bringen im Hinblick auf die fragwürdige Befehlsgebung.

Nach Rückkehr auf unseren Gefechtsstand wurde kurz beraten, ob ein eigenmächtiger Befehl zulässig wäre. Während dieser Besprechung erschien ein Melder und teilte uns mit, dass draußen vor dem Gebäude ein russischer Offizier einen deutschen Offizier sprechen möchte. Ich sah mich einem unbewaffneten russischen Major gegenüber, der mich in deutscher Sprache fragte, was wir zu tun gedächten. Ich fragte nach den Bedingungen für den Marsch in die Gefangenschaft. Da wir ehrenhaft gekämpft hatten, dürften die Offiziere ihren Degen behalten. Meinen Einwand, dass wir an der Front nicht über einen Degen verfügten und nur eine Pistole besäßen, beantwortete der russ. Offizier dahingehend, dass wir selbstverständlich die Pistole behalten dürften. Der Gedanke, den russ. Offizier als Parlamentär gemäß einem Armee- befehl sofort zu erschießen, schien mir völlig abwegig im Hinblick auf die vielen deutschen Soldaten verschiedenster Formationen, die in der Hausruine Schutz gesucht hatten und sich bereits für den Abmarsch fertig gemacht hatten. Das Ergebnis der Unterredung teilte ich meinem Regimentsführer mit. Der Weg in die Gefangenschaft begann.

 

 

 

Bestandszeichnung: 1156 Z

Nr. des Aktenbandes: 1923

Hptm. d.R. Adjutant A.R. 389 Bernhard Brackhan

 

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